venerdì 23 agosto 2024

GEHEIMSACHE LIEBE - Erstes Kapitel

 


Kann eine Liebe Bestand haben, die gegen die Gesetze von zwei Familien verstößt, die durch eine uralte Feindschaft gespalten sind?


Ginevra lebt in einem goldenen Käfig, der sie erdrückt, mit unzähligen Regeln, vorgegeben von ihrem Vater. Sie ist es gewohnt zu gehorchen und die Bestrafung ihrer Familie hinzunehmen, wenn sie sich dagegen auflehnt. Lorenzo Orlando hat auf seinen Platz als Familienerbe verzichtet für die Freiheit, tun und lassen zu können, was er will und sogar sein Leben zu riskieren. Heute ist er jedoch ein geachteter Mann und Besitzer von The Bridge, dem renommiertesten Lokal von Rockart City. Ginevra ist entschlossen, die alten Formen und Regeln zu brechen und endet in der Höhle des Löwen. Was geschieht, wenn Lorenzos durchdringender Blick sie umgarnt und sie merkt, dass sie ihm nicht länger entkommen kann? Wie viel Zeit bleibt Ginevra, bevor sie Lorenzos Beute wird?



1


GINEVRA



„Ich weiß nicht, Maya. Vielleicht vergessen wir es besser“, flüsterte ich und versuchte, das Unbehagen zu unterdrücken, das langsam in mir hochkroch.
„Ginevra, jetzt komm schon, lass dich doch ein einziges Mal gehen! Hast du es nicht satt, dich immer nach den Regeln deiner Familie zu richten? Erzähl mir bloß nicht, dass du nichts lieber tätest, als auszubrechen und einen draufzumachen, wie alle Mädchen in deinem Alter!“, schnaubte meine Freundin.
Klar wollte ich das! Aber für Leute mit italienischem Rinaldi-Blut in den Adern war das nicht so einfach. 
Für die Tochter eines Mafiabosses bedeutete das ein vorgezeichnetes Leben, das sich innerhalb festgelegter Regeln und Grenzen abspielte, diktiert von einem Vater, der in jeder Hinsicht das Sagen hatte.
Auch wenn ich die jüngste Tochter war, hatte ich auf keinen Fall mehr Freiheiten; jeder Fehler und jede Regelübertretung wurden ausnahmslos bestraft. Deswegen hatte ich schon sehr früh gelernt, den Wünschen meiner Familie nachzukommen.
Ich hatte mich stets tadellos verhalten, aber in den letzten Jahren, seit ich ins College ging, hatte ich angefangen, mich über die starren Richtlinien meines Vaters und den Perfektionswahn meiner Mutter zu ärgern.
Alles war anders geworden, als ich es mit der ausgedehnten Realität einer Universität und mit Studenten zu tun bekam, die nicht auf dieselbe Weise ausgewählt und beurteilt wurden wie die Schüler der katholischen Schule, die ich bis dahin besucht hatte.  
Ich hatte gelernt, dass es unterschiedliche Formen der Lebensführung gibt und ohne die Präsenz meines Vaters im Uni-Ausschuss interessierte es niemanden, dass ich eine Rinaldi war.
Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich mir erlaubt, ich selbst zu sein und neue Ideale zu übernehmen, die mein Vater ablehnte.
In den letzten beiden Jahren war ich zum schwarzen Schaf der Familie geworden, eine, die man mied oder als minderwertige Außenseiterin betrachtete, aber in Wirklichkeit hatte ich mich noch nie so lebendig gefühlt.
Ich hatte nach und nach die Ketten gesprengt, die mich an meine Familie fesselten, aber ich war immer noch sehr weit von der völligen Freiheit entfernt, das zu tun, was ich wollte wie zum Beispiel eine klare Entscheidung über mein zukünftiges Gefühlsleben oder meinen Berufsweg zu fällen.
Bisher hatte ich mich darauf beschränkt, Maya, die Tochter des Verwalters des Rinaldi-Vermögens und meine einzige Freundin dabei zu beobachten, wie sie die Regeln ihrer eigenen Familie brach, die sich sklavisch an die Gebote meines Vaters hielt. 
Bei jedem Anruf von Maya wurde ich neidisch, wenn sie mich bat, sie zu decken, weil sie sich mit Freunden treffen wollte, die ihre Eltern ablehnten, oder wenn sie sich mit einem Jungen verabredet hatte.
Ich hatte immer ihren Mut bewundert, mit dem sie den Wünschen ihrer Familie trotzte. 
Wie oft hatte ich mir gewünscht, so zu sein wie sie, aber die Bürde meines Familiennamens hatte mich immer davon abgehalten.
Aber Maya hatte recht: So konnte es nicht weitergehen. Ich hatte gerade mein letztes Collegejahr beendet und immer noch nicht den Nervenkitzel einer kleinen Eskapade erlebt wie bei einer heimlichen Verabredung mit einem Jungen oder einer Gedankenlosigkeit wie zum Beispiel abends mit Leuten fortzugehen, die ich nicht kannte.
„Also gut, machen wir das“, rief ich betont begeistert, aber meine Stimme klang immer noch besorgt.
„Du wirst sehen, es geht glatt. Ich habe das schon hundertmal gemacht und kann dir versichern, dass ich nie Probleme gehabt habe“, beruhigte mich Maya. 
„Ich habe bloß Angst, dass mich jemand erkennt oder dass mein Vater es herausfindet.“
„Ich habe alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Schau mal her“, sagte sie und reichte mir eine wellige blonde Perücke.
 „Soll das ein Witz sein?“
„Schätzchen, du bist die Tochter des Besitzers von halb Rockardt City. Denk nicht mal dran, dass du rumlaufen kannst ohne aufzufallen.“
„Niemand kennt mich mehr. Seit zwei Jahren bin ich nicht mehr bei seinen Meetings dabei, er hat mich nicht mal zu seinen Einweihungsfeiern mitgenommen. Inzwischen denken die Leute, dass er zwei Kinder hat statt drei. Ich habe ihn nicht mehr begleitet, seit ich Vegetarierin geworden bin und angefangen habe, über Bürgerrechte zu reden.“
„Hat er dir immer noch nicht verziehen, dass du Vegetarierin bist?“, gluckste Maya.
„Nein, und wenn wir zusammen essen, achtet er immer drauf, dass auf meinem Teller ein Steak liegt, das ich jedes Mal wegschiebe und dann tobt er los. Ich esse jetzt meistens allein im Anbau, in den sie mich verbannt haben“, sagte ich deprimiert. Es war schwer, sich von der eigenen Familie nie akzeptiert zu fühlen.
„Cool! Da bist du ganz für dich allein und kannst machen, was du willst!“ 
„Kann schon sein! Aber denk dran, dass bei mir daheim überall Kameras sind und man dauernd überwacht wird. Es gibt keine Privatsphäre und ich frag mich oft, ob ich mich jemals von meiner Familie lösen und mein eigenes Leben führen kann. Ich will Arbeit finden, einen Mann heiraten, den ich liebe …“
„Solang du in Rockart City bleibst, wird das nicht passieren. Östlich vom Safe River findet nichts ohne die Genehmigung deines Vaters statt … Du kannst nur hoffen, dass du mal ganz weit wegziehst, irgendwohin, wo dein Vater keinen Einfluss hat, weil du genau weißt, dass er dich nie das tun lassen wird, was du willst. Er wird alles in Bewegung setzen, damit du keine Arbeit findest, weil er sicherstellen will, dass du keine Kontrolle über dein eigenes Geld bekommst und dann die Nabelschnur kappst, die dich mit dreiundzwanzig Jahren immer noch an ihn fesselt!“   
„Und er wird mich mit Sicherheit nicht heiraten lassen wen ich will.“
„Vergiss es! Ginevra, denk doch nur mal an die Beziehungen, die du bis jetzt gehabt hast.“
„Ich habe bloß eine gehabt. Sie hat drei Tage gedauert und das war in meinem letzten High-School-Jahr.“
„Daniel Spencer, richtig?“
„Genau. Ich habe ja kaum geschafft, ihm den ersten Kuss zu geben, da habe ich schon erfahren, dass man ihn und seine ganze Familie für immer aus Rockart City verbannt hat. Und das Ganze nur wegen einem Kuss … Stell dir bloß mal vor, was passiert wäre, wenn wir miteinander geschlafen hätten. Am Ende wäre ich im Schlossverlies gelandet wie eine Kriegsgefangene“, lachte ich schwächlich, obwohl ich tatsächlich überzeugt war, dass ich so mein Ende gefunden hätte. Den Wutanfall und die Ohrfeige meines Vaters hatte ich immer noch nicht vergessen, als er herausfand, dass ich in den Sohn von David Spencer verknallt war, der Mann, wegen dem er zwei Jahre zuvor bei einem Deal den Kürzeren gezogen hatte.
Edoardo Rinaldi war ein Mann, der extrem nachtragend war und zwar ein ganzes Leben lang.
„Na, ich garantiere dir, dass dir diesmal nichts passiert und dein Vater es nie herausfindet“, munterte mich Maya auf und stülpte die blonde Perücke von hinten auf meine braunen schulterlangen Haare.
Ich sah in den Spiegel.
Ich lachte, weil ich mit dem dicken schwarzen Lidstrich und den taillenlangen Haaren völlig unkenntlich war. Die Kleidung, die Maya für mich ausgesucht hatte, war ebenfalls das genaue Gegenteil zu meinem üblichen klassisch-gediegenen Look.
Das rote, trägerlose Kleid samt schwarzer Lederjacke mit Dreiviertel-Ärmeln sorgte für eine kosmopolitische, draufgängerisch-verruchte und gleichzeitig weibliche Ausstrahlung. All das, was ich nicht war.
„Stellt dir dein Vater keine Fragen wegen den vielen Klamotten, die du gekauft hast?“, rief ich überrascht.
„Mein Vater passt nicht so auf wie deiner, aber er checkt alle meine Ausgaben auf der Kreditkarte und meine Mutter kontrolliert einmal monatlich meinen begehbaren Kleiderschrank, wenn sich mein Vater über den Kontoauszug beschwert.“
„Deine Mutter ist genau wie meine. Meinst du nicht, sie wird sauer bei deinem extravaganten Shopping?“ 
„Meine Mutter hat keine Ahnung von meinem anderen Leben. Ich habe eine Abmachung mit der Verkäuferin: Sie lässt mich die Sachen einen Tag daheim ausprobieren, am nächsten Nachmittag bringe ich sie wieder tadellos zurück und tausche sie gegen Sachen um, die eher den Geschmack meiner Mutter treffen“, verriet sie mir und zeigte auf das Preisschild, das immer noch an dem Kleid hing. Dann versteckte sie es im rechten Achselausschnitt.
„Du bist genial!“
„Ich weiß, aber denk dran und behandle das Kleid vorsichtig. Ich muss es morgen ins Geschäft zurückbringen, und zwar in astreinem Zustand.“
„Versprochen!“
„Also, dann mal los. Das Hausmädchen hat mir die Schlüssel vom Auto gegeben, mit dem sie zum Einkaufen fährt und so, wie wir jetzt aussehen, erkennt uns niemand beim Rausfahren. Nicht mal der Leibwächter, der dich hergebracht hat und dich am Parkplatz vor dem Tor kontrolliert.“
„Hoffentlich, sonst bin ich tot.“
„Vorsichtshalber lassen wir die Handys da, damit das GPS-Signal nicht unseren Plan versaut. Außerdem nehmen wir nur Bargeld mit und die falschen Ausweise, die ich dir gegeben habe. Denk dran: Heute Abend bin ich nicht Maya Gerber, sondern Chelsea Faye und du bist nicht Ginevra Rinaldi sondern Mia Madison aus Los Angeles.“
„Du hast echt an alles gedacht, was?“
„Ginevra, ich schleiche mich seit fünf Jahren heimlich davon, ich könnte mittlerweile sogar aus dem Knast ausbrechen.“ Maya lachte verhalten und lockerte damit die Spannung.


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